Die Haftungsfalle
Die Haftungsfalle nach § 15a EGZPO: Eine Analyse der rechtlichen Konsequenzen
Der § 15a des Einführungsgesetzes zur Zivilprozessordnung (EGZPO) stellt eine Regelung dar, die in der Praxis zu erheblichen Haftungsrisiken führen kann. Dieser Artikel beleuchtet die Hintergründe der Norm, die Rechtsfolgen und gibt einen Überblick über die relevanten Fallstricke.
1. Hintergrund und Zielsetzung des § 15a EGZPO
Der § 15a EGZPO wurde mit dem Ziel eingeführt, die Ziviljustiz zu entlasten und die Streitbeilegung zu fördern. Die Norm verpflichtet die Parteien bestimmter Zivilrechtsstreitigkeiten, vor Erhebung einer Klage einen außergerichtlichen Schlichtungsversuch zu unternehmen. Diese Regelung gilt insbesondere für geringfügige Streitwerte, nachbarschaftsrechtliche Streitigkeiten und andere in den jeweiligen Landesgesetzen festgelegte Streitgegenstände.
2. Inhalt der Norm
Der § 15a Abs. 1 EGZPO legt fest, dass die Klage erst zulässig ist, wenn ein Schlichtungsverfahren durchgeführt wurde oder der Versuch gescheitert ist. Damit stellt die Norm eine zwingende Prozessvoraussetzung dar. Diese Schlichtungspflicht kann jedoch in bestimmten Fällen, wie etwa bei dringendem Rechtsschutz oder bei vollständiger Aussichtslosigkeit der Schlichtung, entfallen.
Absatz 2 der Norm beschreibt die Verfahrensweise und Bedingungen der Schlichtung und regelt, dass das Schlichtungsverfahren in Form einer außergerichtlichen Streitbeilegung durchgeführt werden muss. Wird der Schlichtungsversuch versäumt, kann dies gravierende Konsequenzen für die klagende Partei haben.
3. Die Haftungsfalle im Detail
Die sogenannte "Haftungsfalle" ergibt sich aus der Tatsache, dass die Versäumnis eines Schlichtungsverfahrens gemäß § 15a EGZPO zur Unzulässigkeit der Klage führt. Dies bedeutet, dass das Gericht die Klage abweisen wird, wenn die Schlichtung nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde.
Die rechtlichen Folgen dieser Unzulässigkeit sind weitreichend:
Kostentragungspflicht: Die klagende Partei muss die gesamten Prozesskosten tragen, auch wenn sie im eigentlichen Streitfall in der Sache selbst obsiegt hätte.
Verlust der Ansprüche: In einigen Fällen kann die Abweisung der Klage dazu führen, dass Ansprüche nicht rechtzeitig geltend gemacht werden können, insbesondere wenn die Verjährung während des Prozesses eingetreten ist. Ein erneut eingeleiteter Prozess nach ordnungsgemäßer Schlichtung könnte dann zu spät sein.
Berufshaftung: Anwälte, die ihre Mandanten nicht ordnungsgemäß über die Schlichtungspflicht informieren, laufen Gefahr, wegen Verletzung ihrer Berufspflichten haftbar gemacht zu werden.
4. Ausnahmen und Möglichkeiten zur Umgehung der Haftungsfalle
Es gibt verschiedene Konstellationen, in denen die Schlichtungspflicht nicht greift oder umgangen werden kann:
Dringlichkeit: Bei Eilfällen, in denen sofortiger gerichtlicher Rechtsschutz erforderlich ist, entfällt die Schlichtungspflicht. Hierzu zählen insbesondere einstweilige Verfügungen oder Arrestverfahren.
Aussichtslosigkeit: Wenn klar erkennbar ist, dass eine Schlichtung keinen Erfolg haben wird, kann die Klage auch ohne Schlichtung zulässig sein. Allerdings ist diese Ausnahme restriktiv auszulegen und in der Praxis schwer nachzuweisen.
Verzicht durch die Parteien: In manchen Landesgesetzen ist es den Parteien erlaubt, auf die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens zu verzichten, sofern beide Parteien einverstanden sind.
5. Praktische Hinweise für die Rechtsanwendung
Anwälte und Prozessparteien sollten sich der Bedeutung des § 15a EGZPO bewusst sein und sorgfältig prüfen, ob ein Schlichtungsverfahren vor Klageerhebung notwendig ist. Dies gilt insbesondere in den Bundesländern, in denen die Schlichtungspflicht besonders weitreichend ist.
Zudem ist es ratsam, die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens stets ordnungsgemäß zu dokumentieren, um im späteren Prozess keine Beweisprobleme zu haben. In der anwaltlichen Praxis sollte zudem die Verjährung im Auge behalten werden, um die Durchsetzbarkeit der Ansprüche nicht zu gefährden.
6. Fazit
Der § 15a EGZPO birgt erhebliche Haftungsrisiken für die klagende Partei und deren Rechtsbeistand. Die Versäumnis eines vorgeschriebenen Schlichtungsverfahrens führt nicht nur zur Unzulässigkeit der Klage, sondern auch zu weitreichenden finanziellen und rechtlichen Nachteilen. Um diese Risiken zu minimieren, ist eine sorgfältige Prüfung der Prozessvoraussetzungen sowie eine umfassende Beratung der Mandanten unabdingbar. Die sogenannte Haftungsfalle lässt sich nur durch genaue Kenntnis der Rechtslage und präzise Verfahrensführung vermeiden.